
Über Flauschedecken, Komfortzonen und Stress beim Bloggen
Mit ein wenig Verspätung kommt nun mein Monatsrückblick und Verlinkungsbeitrag für den Monat März. Alle anderen Monatsrückblicker, Netzrundschauer und Linkradarhascher habe ich euch wie gewohnt am Ende des Beitrages verlinkt.
In den letzten Wochen und Monaten habe ich mir ein wenig Gedanken über die Sonntagsleserbeiträge gemacht. Vor allem, wie ich diese gestalten möchte. Der Rückblick für den Monat Februar hat mir dahingehend die Augen geöffnet. Da der Zeitfaktor bei mir eine große Rolle spielt und ich neben der analogen Freizeit mit Arbeit, Familie und Kindern auch noch lesen möchte, kürze ich die Beiträge von an ein wenig ein. Oder besser ich lege andere Schwerpunkte. Waren es bisher die Links zu interessanten Buchbesprechungen, die ich etwas ausführlicher behandelt habe, werden von nun an eher ein oder zwei Themen aufgegriffen, die im betreffenden Monat interessant waren und werde diese aus meiner eigenen Sicht diskutieren. Das kann auch ein Buch sein, über das gerade aktuell berichtet wird und das vielleicht gerade in Bloggerkreisen eine große Runde dreht. Allgemein möchte ich aber ein wenig davon weg und eher die Dinge in den Fokus rücken, die sich mit dem Thema Buch im Allgemeinen beschäftigen und mich zum Nachdenken anregen. Das wird mal mehr mal weniger gut und umfangreich werden. Ich bin jedenfalls gespannt, in welche Richtung sich das Vorhaben bewegen wird und würde mich freuen, wenn ihr in manche Diskussion mit einsteigt, auch wenn ab und zu, wie auch heute, ein alter Hut behandelt wird. Der bisherige Schwerpunkt, die Verlinkung zu einzelnen Besprechungen, die mich im jeweiligen Monat begeistert hatten oder weil das Buch interessant ist, wird es weiterhin auch geben, aber nicht mehr so umfangreich, wie bisher.
Komfortzone oder doch lieber etwas mehr erreichen?
Im Vorlauf zur Leipziger Buchmesse und auch währenddessen brandete erneut eine Diskussion auf, die durch diverse Beiträge befeuert wurde. Es geht um die Professionalisierung der Literaturblogs mit der einhergehenden Monetisierung. Darum, dass wir Literaturblogger uns endlich die kuschelige Flauschdecke gegen die kalte, harte Realität eintauschen und uns dem eisigen Wind des Literaturbetriebes beziehungsweise der Literaturkritik stellen. Unter diesen Punkt mischte sich im März der vielen bekannte alte Schuh der allgemeinen Rezensierfähigkeit der Literaturblogger. Eine Gemengelage, die viel Diskussionsstoff birgt und doch immer mehr unter Literaturbloggern ein herzhaftes Gähnen verursacht, da es immer wieder dieselben Punkte wiederkäut. Da nehme ich mich mit diesem Beitrag auch nicht aus, da ich gerade ähnliches fabriziere, aber es muss raus aus meinem Kopf, da es wie ein Hemmschuh auf die ursprüngliche Intention meines Blogs wirkt – nämlich Bücher zu schreiben und diese aus meinem Blickwinkel zu besprechen.
Wozu der Stress?
Ab hier möchte ich meinen persönlichen Blickwinkel einbringen. Die Frage also: Wozu der ganze Stress? Tobi von Lesestunden hat mir mit seinem Beitrag zu diesem ganzen Thema aus der Seele gesprochen, wobei ich für mich sogar entschieden habe, dass ganze noch abgespeckter zu gestalten, sprich so wenig Rezensionsexemplare wie möglich anzufordern beziehungsweise, sofern angeboten, anzunehmen. Als ich meinen Blog angefangen habe, war es mehr ein Spaß als das ich mit Zukunftsblick an diese Sache herangehen wollte. Es sollte, wie auch bei Mara von buzzaldrins zum Anfang, eine Art persönliches Lesearchiv werden (und ist es auch heute noch). Von der Sache her bin ich auch recht unbedarft an die Sache heran gegangen. Habe aufgeschrieben, was mir durch den Kopf gegangen ist bei den jeweiligen Büchern. Ohne Struktur oder inneren Kontext. Mit den Erfahrungen des Schreibens der Beiträge wuchs auch der Anspruch an einen selbst, es immer ein bisschen besser zu machen. Ebenfalls wurden die Möglichkeiten, sich mit Rezensionsexemplaren einzudecken, immer besser, strukturierter und die Verlage gingen mit den Anfragen immer offener um.
Doch ich stelle mir immer wieder die Frage, wozu das alles? Einerseits schreibe ich relativ lange Texte zu den Büchern, die ich gelesen habe und gerade, wenn diese nicht kommentiert oder angenommen werden, steigt die Frustration darüber, dass ich meine Freizeit dafür geopfert habe, einen Ansatz einer Rezension zu zimmern und keinen juckt es. Auch die Annahme von Rezenionsexemplaren führt zu Stress. Diese Bücher lachen einen an und wollen gelesen werden, obwohl man keine Lust darauf hat. Meist hat man sie aus irgendeiner, nicht ergründbaren, Laune heraus angenommen und nun liegen sie rum, verstopfen den freien Raum für die Bücher, die da gerne Platz nehmen würden. Also in der Summe ein Stress, den man sich neben der Arbeit (ein Job, der nichts mit Büchern am Hut hat – eher mit Differentialgleichungen und mechanischen Zusammenhängen), der Freizeit mit der Familie und anderen Dingen auflädt. Irgendwie will man ja doch etwas erreichen mit seinem Schreiben. Will Antworten bekommen, Diskussionen anregen oder wenigstens ein bisschen Anerkennung. Möchte man das ausweiten und von diesem Kuchen ein etwas größeres Stück abhaben, muss man natürlich raus aus der Komfortzone, muss mehr Zeit aufbringen, die ich persönlich nicht habe. Dann schaue ich immer ein wenig mit Neid behaftet auf die Blogs, die genau die Punkte erfolgreich umsetzen und den von Karla genannten Flausch abgelegt haben.
Doch all das erzeugt Stress und diesem Stress entziehe ich mich mehr und mehr. Keine Rezensionsexemplare mehr. Besprechungen die etwas länger brauchen, bis sie geschrieben sind und vor allem die eigenen Ansprüche ein wenig herunter schrauben. Mit dieser Herangehensweise lebt es sich nun eindeutig entspannter. Wenn ich an das letzte Jahr denke, als es in Bezug zu meinem Blog immer schneller, höher, weiter ging und ich mir einen Kopf machte, wie ich das ausweiten kann und daran fast die Lust verloren habe, überhaupt über Literatur zu bloggen, kann ich nur sagen: Alles richtig gemacht. Hatte ich letztes Jahr auch kaum noch Lust zu lesen, wurde es mittlerweile wieder besser. Ich freue mich auf neue Lektüre und gehe begeistert an jede einzelne Seite. Bezogen auf den Blog habe ich mir die Flauschedecke noch ein wenig enger um die Schulter geschlungen, nehme keine Rezensionsexemplare mehr an, entspanne mich bezüglich Zahlen der Komentierer und „Gefällt mir“- Drücker, nehme mir keine großen Sachen mehr vor, die ich sowieso nicht schaffe (mit 2 kleinen Kindern sowieso nicht). Allgemein kann ich zu den allermeisten sagen: Entspannt euch. Um an den Punkt zu gelangen, den die großen Blogs schon erreicht haben, muss man sehr viel mehr investieren als ein bisschen seiner Freizeit. Sofern man nicht gerade im Buchbereich arbeitet (Buchhandel, Verlagsarbeit und ähnliches) oder, wie bei mir, wenig an Freizeit zur Verfügung hat, muss man sich nicht unnötig strecken. Schreibt weniger Rezensionen im Schnellschussverfahren, nehmt euch lieber Zeit, schreibt weniger in der Anzahl, dafür ausführlicher im Inhalt. Schreibt nicht immer gleich über das neueste große Ding (auch so ein Stressfaktor, den ich mir nicht mehr annehmen werde), nur um unter den ersten zu sein. Dann macht das Bloggen Spaß und das ist die Hauptsache. Alles andere kommt dann irgendwann von allein.
Weiterführende Links zum Thema im erweiterten Sinn:
– Magazin der Büchergilde mit einem Beitrag über Blogger (relativ am Anfang): Schön geschrieben mit einem emotionalen Ausrutscher im Text
– Artikel über Blogger in der Frankfurter Rundschau
– Artikel im Fokus
– Artikel bei Phantanews
– Interessanter Text von Schriftsteller Frank O. Rudkoffsky
– Tell, dass Magazin über Literatur, welches aus der Diskussion um den Niedergang der Literaturkritik entstanden ist
Natürlich gibt es auch ein paar Links zu Texten, die mir im März gefallen haben und die ihr in den folgenden Links findet:
– Auf dem Blog Lesevergnügen wird Wes Trenchs Leben zerstört
-Beim Bücherwurmloch geht es um Macht.
– Ein Glückskind, wer solche Bücher kennt. Diesmal bei Literatur leuchtet.
– Erster Messeauftritt eines Verlages, ganz aus meiner Nähe (psst, aus Erlangen).
– Liebeserklärungen bei der Klappentexterin.
– Das Buchrevier hat eine ADHS- Diagnose ausgestellt.
– Erich Kästner und Kurt Tucholsky treten bei Sätze&Schätze gegeneinander an.
– Moby Dick hat keinen leichten Stand bei Tobi von Lesestunden.
– Beim Lesekabinettleipzig ist ein Riese begraben.
– Leseschatz schlägt das Meer vor.
– Vom Forscher zum Revolutionär bei Elementares Lesen.
– Eine Besprechung eines Literaturblogs im Feuilleton eine Zeitung, na sowas. An dieser Stelle herzlichen Glückwunsch an Sophie von Literaturen, wenn auch die Umstände etwas besonderes waren.
– Leipziger Buchmesse zum Nachhören bei Astrolibrium.
– Bald Frühling, aber beim Debüt geht es noch eiskalt zu.
– Weibliche Schmökerempfehlung bei David Wonschewski.
– We read Indie hatte irrtümliche Abenteuer zu bestehen.
– Kurzgeschichten mit Hotelzimmer verknüpftgibt es bei den Lesestunden.
– Ostern ist zwar schon vorbei, aber diese Verlagsfundstücke sollte man niemandem vorenthalten.
Weitere Sonntagsleser, Monatsrückblicker, Netzrundschauer und Linkradarbetreiber findet ihr in den folgenden Links:
– eine der letzten verbliebenen Sonntagsleserinnen – Phantasienreisen
– bei Annas Buchpost gibt es einen Blogbummel (schon mit April aber der aktuellste) – ehemalige Sonntagsleserin
– Normans Notizhefte mit seinem Netzalmanach
– Caterina von Schöne Seiten mit ihrer Netzrundschau
– Jan Drees hat seinen Linkradar für euch eingeschaltet
Zum Schluss gibt es noch ein Musikvideo zu einer Band/Trio, die am 01.04. ihr neuestes Album „III“ veröffentlicht hat. Es geht um Moderat. Da Tobi von Lesestunden vor ein paar Tagen gefragt hat, ob und wie ihr Musik beim Lesen hört, ist das ein geeigneter Musiktipp für diejenigen, die mit elektronischer (Pop)- Musik etwas anfangen können.
Moin und vielen Dank für den netten Link zum „Leseschatz“
Herzliche Grüße, Hauke
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Hallo Marc,
ich konnte dieser Debatte „Raus aus der Flauschzone“ auch nichts abgewinnen. Natürlich wäre es schick, wenn man mit seinem Hobby noch richtig gut Geld verdienen würde – auch einen Mäzen würde ich nicht vor der Haustür stehen lassen :-) -, aber das ist doch dermaßen unrealistisch. Da wäre zunächst der Zeitdruck, der Konkurrenzdruck, warum sollte ich mir das antun? (Mal abgesehen davon, dass ich diese Zeit auch gar nicht habe.) Natürlich freue ich mich über jeden Kommentar, jedes Like und jeden neuen Follower, aber – und manchmal muss ich mir das auch wieder kräftig vor Augen führen: Mein Blog begann als Lesetagebuch und das ist er – trotz aller Erweiterungen – auch immer noch. Und was in dieser sonnigen Debatte gern vergessen wird: Wer sollte denn die Blogger bezahlen, die jetzt alle raus aus der bösen Flauschzone wollen? Die Leser? Nee, die können sich doch in Prospekten, Vorschauen und kostenlosen Blogs etc. Ideen holen.
Die Verlage? Na, dann wäre man als Blogger doch ziemlich gebunden, oder?
Ich jedenfalls würde auch kein Geld für einen Literaturblog bezahlen. Wozu auch?
Dir und deiner Familie einen ganz entspannten Sonntag. LG, Anna
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Danke für die Links, von denen mir einige noch unbekannt waren!
Was diese ganze Professionalisierungsdebatte angeht, seh ich es wie du und Tobi. Wir alle haben mit dem Bloggen als Hobby begonnen. Das jetzt plötzlich entgeltlich zu machen, widersetzt sich dem doch. Bzw. verstehe ich nicht, warum die Monetarisierung von manchen so zwanghaft angestrebt wird. Natürlich wäre es ein schöner Nebeneffekt, ein paar Euros einzufahren, aber zu welchem Preis? Für mich bedeutet Monetarisierung vor allem mehr Stress: Finanzamt-Bürokratie; Druck, den sich der Blogger selbst macht, den er aber über kurz oder lang auch durch Verlage oder im Vergleich mit anderen Bloggern erfahren würde… Wer damit kein Problem hat, kann natürlich gerne ökonomische Erfolge anstreben. Ich persönlich habe – wie du – aber nicht die Zeit und Lust, um mich so unter Druck zu setzen. Ich will bloggen, wann und worüber ich möchte und nicht jedem Hype nachjagen – das habe ich in meinen ersten Bloggerjahren probiert und war irgendwann genervt, weil sich auf allen Blogs die gleichen Bücher und Themen fanden (und fehlende individuelle Inhalte sind für mich das Gegenteil von Professionalität).
Abgesehen davon: Wenn jetzt jeder mit seinem Hobby Geld verdienen würde, würde wohl niemand mehr einem Beruf nachgehen und Freizeit im eigentlichen Sinne würde ad absurdum geführt.
Doch genug davon… Ich mehr ich darüber nachdenke, lese und schreibe, desto mehr fällt mir ein, das mich an dieser Debatte stört. Ich bin froh, dass es doch mehr als genug Blogger gibt, die völlig autark bleiben wollen und sich bewusst sind, dass Monetarisierung auch Stress bedeutet, sofern man nicht full-time für den Blog arbeiten kann.
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