Komischer Kauz auf spontaner Reise
Wer Marion Braschs Buch „Wunderlich fährt nach Norden“ aufschlägt, sollte sich darauf gefasst machen, eine Geschichte zu lesen, die dem Namen des Hauptakteurs entspricht – sie ist verwunderlich, bezaubernd, irritierend. Es ist eine Wundertüte, deren Inhalt nicht jedem schmecken wird. Auf gewisse Begebenheiten muss man sich einlassen, damit sich ein Lesegenuss einstellt. Andernfalls wird das Buch sicher von manchen in die Ecke gepfeffert und ein Schwarzärgern ist vorprogrammiert. Deshalb an dieser Stelle die Vorwarnung, dass nicht alles mit rechten Dingen zugeht in diesem Buch und eine Erklärung, warum das so ist, verbleibt im Nebel der Unwissenheit.
Herr Wunderlich wird verlassen. Von seiner Freundin Marie. Sie geht, einfach so. Macht die Tür hinter sich zu und ist weg. Wunderlich steht da wie ein begossener Pudel, weiß nicht, was falsch gelaufen ist. In seiner Traurigkeit begibt er sich auf das Dach seines Hauses und lässt sich volllaufen. Dann bekommt er eine Nachricht auf seinem Handy, denkt, sie ist von Marie. Aber nein, nur von einer anonymen Nummer und sie sagt Wunderlich, er solle nach vorne schauen. Da sieht er einen seiner Nachbarn vom Haus nebenan und die anonyme Nummer erzählt ihm einiges über diesen Menschen auf dem Balkon und vor allem, was diesem in Zukunft widerfahren wird. Wunderlich denkt, es liege am Alkohol, dass er nun auch noch spinnt. Er geht schlafen, doch die Sache mit der anonymen Nummer ist noch nicht ausgestanden. Am nächsten Morgen geht der SMS- Reigen weiter. Wunderlich lässt sich auf die seltsamen Nachrichten ein. Diese anonyme Nummer, die sich auch in Wunderlichs Leben auskennt, wie eigentlich nur Wunderlich selber, bringt ihn am Ende sogar dazu, eine Reise anzutreten, die er nie wollte. Also macht sich Wunderlich auf den Weg Richtung Norden. Dabei ist Wunderlich gar nicht der Reisetyp, er ist ein bequemer und sehr einfach lebender Mensch. Was Wunderlich auf dieser Reise erlebt, soll an dieser Stelle im Dunkeln bleiben. Soviel sei verraten: Die mysteriöse anonyme Nummer soll nicht die einzige obskure Begebenheit in diesem Buch werden, soviel sei an dieser Stelle versprochen.
Marion Brasch hat mit „Wunderlich fährt nach Norden“ ein wahrhaft wunderliches Buch geschrieben. Leicht in der Sprache und auch leicht in der Geschichte, fliegt der Lesende nur so über die Seiten. Leichter Einstieg, kein allzu schwerer Fortgang und auch sonst keine Anstiege in Sicht. Ein luftig leichter Sommerroman mag man meinen. Und doch wird einem schwer ums Herz. Denn so ein Mensch wie Wunderlich ist an sich eine eher traurige Gestalt. Manch einer wird ihn als phlegmatisch bezeichnen, schwermütig. So einen Menschen, den man nicht unbedingt um sich herum haben möchte. Und doch arrangiert man sich mit diesem Kauz, dringt, auch animiert durch die anonyme Nummer immer in sein Leben vor, ohne dass es man es als Leser vorgelebt bekommt. Die Geschichte rollt in leichten Schritten voran und man lernt Wunderlich mit seinen alten Seiten kennen und sieht ihm dabei fasziniert zu, wie ihm neue Erkenntnisse wachsen und er diese aufsaugt. Werden diese sein Leben verändern?
Auf jeden Fall lässt sich das, was einem da geboten wird, gut lesen. Wer viel Zeit und Muße hat, wird diesen Roman innerhalb weniger Stunden in einem Rutsch durchlesen können und sich an dieser kleinen Geschichte eines kleinen Mannes erfreuen. Auf manche Dinge, die seltsam erscheinen und die mit magisch umschrieben werden können, muss man sich einlassen können. Wenn das nicht geht, dann Finger weg von diesem Buch. Alle anderen werden riesige Freude an diesem fröhlich melancholischen Roman haben.
Marion Brasch
Wunderlich fährt nach Norden
S.Fischer 2014
ISBN 978-3-10-001368-2
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– Litetaturen
– Lesevergnügen
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