Füße im Zement? Zeit für einen Rückblick!
Wer sich auf Dennis Lehane einlässt, der schaut in menschliche Abgründe. Seien es die Wahnvorstellungen eines Marshalls in Shutter Island oder der Tod eines Kindes in „Mystic River“, der einen Vater zum äußersten greifen lässt. Alle Romane gehen an die Nieren, einige wurden sogar erfolgreich verfilmt (zuletzt „The Drop“, an dem Lehane das Drehbuch beisteuerte und auch das vorliegende Buch wird bald filmisch das Licht der Leinwände dieser Welt erblicken – Trailer) und man geht als Leser immer verändert aus den Geschichten heraus. Dabei fängt „In der Nacht“ recht harmlos an.
Joe, ein Kleinkrimineller im Bostoner Untergrund, überfällt auf das Geheiß von seinem Boss ein Speakeasy (das sind geheime Hinterhofläden, die aufgrund der Prohibition wie die Pilze aus dem Boden schießen und in denen das Glücksspiel floriert und trotz Verbot Unmengen Alkohol verköstigt werden). Doch dieses hätten sie besser in Ruhe gelassen, denn zwei Dinge werden damit in Gang gesetzt – das Joe sich in die Bardame des Hauses verliebt und das dieses vermeintlich kleine Hinterhaus dem großen Boss Albert White gehört und die Bardame, die auf den Namen Emma Gould hört, selbstverständlich auch. Und so nimmt die Geschichte ihren Lauf. Dabei sind die Ereignisse zu Beginn nie das Zentrum der weiteren Geschichte, sie mäandern mehr außen drum herum und greifen punktuell in die Geschichte ein und beeinflussen deren Gang.
Eine Zusammenfassung zu diesem Roman zu schreiben würde alles vorwegnehmen und wird eher kompliziert, als das es einem Appetithappen gleich kommt, der zum Lesen anregen soll. Wer Dennis Lehane kennt und auch schon ein paar seiner Romane gelesen hat, der weiß, dass dieser Autor Atmosphäre erschaffen kann und das von der ersten Seite an. Da wäre es nur unfair, das Eintauchen in diese Atmosphäre potentiellen Neulesern vorwegzunehmen.
Es lässt sich vielmehr so viel sagen, dass dieses Buch eine Wucht ist. Es lässt die Zeit der Prohibition wieder auferstehen, das Bostoner Umfeld der zwanziger Jahre hochleben und in einem weiteren Abschnitt baut Lehane der Stadt Tampa (Florida) ein kleines, aber auch zweifelhaftes Gangsterdenkmal. Man atmet die stickige Luft Bostons, die auch mal bleihaltig werden kann oder die feuchtwarme Luft Floridas, die ebenso mit gerade genanntem Metall gefüttert wird. In beiden Abschnitten wirken alle Figuren wie reale Zeitzeugen, die ihre Sicht der Dinge darlegen, ihre Geschichte zu erzählen haben. Im Mittelpunkt steht dabei immer Joe, der sich vom Kleinkriminellen zum Syndikatsboss in Tampa hocharbeitet und das mit Mitteln, die einem Gangster nie gut zu Gesicht stehen, wenn er in selbigen Kreisen anerkannt sein möchte. Linear wird diese Entwicklung von Lehane erzählt und als Leser ist man mit Spannung dabei, welche Schritte als nächstes präsentiert werden, welchen Herausforderungen Joe sich als nächstes stellen muss. Dabei verliert er nie aus den Augen, wo er eigentlich her kam und, was es braucht, um das Erarbeitete zu erhalten.
Mit hohem Tempo und Liebe zum historischen Detail baut Lehane ein Tempo auf, dass der Roman regelrecht verschlungen werden kann. Wer mit Filmen etwas anfangen kann, in denen die Mafia eine Rolle spielt und diese auch im Hauptaugenmerk des Geschehens steht, dem sei dieses Buch wärmstens empfohlen. Es bringt zwar keine neue Sicht auf die Dinge, aber es wird mal nicht über Al Capone oder sonstige Verdächtige gesprochen, sondern einfach ein Mann bei seinem Tun und seiner Entwicklung beobachtet. Ob er daran scheitert? Das müsst ihr alle selbst heraus finden. Ich jedenfalls freue mich schon jetzt auf die Verfilmung von diesem grandiosen Buch.
Mich hatte damals das Ende ein wenig enttäuscht. Aber insgesamt sicher ein großes Lesevergnügen und die Verfilmung war fast zwingend.
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Insgesamt war es wirklich ein Vergnügen, den Roman zu lesen, zumal es Lehane wirklich versteht, die Atmosphäre, die damala geherrscht haben muss, gekonnt einzufangen.
Die letzten Seiten und der Schluss hätten dagegen wirklich nicht sein müssen. Versaut zwar nicht das Buch, aber ein komischer Beigeschmack bleibt. Mal sehen, wie sie das im Film lösen.
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