Die kurze Liste zum Debütpreis 2017 hat mich bei ihrem Erscheinen in Verstaunen versetzt, waren mir doch alle Titel zwar geläufig, aber bei meinem eigenen Suchen nach guten Titeln sind sie (fast) komplett durchgefallen. Bis auf den Titel „Still halten“ von Jovana Reisinger, den ich aus Zeitgründen nicht mehr angelesen hatte, sind alle offiziell vertretenen Titel bei meiner eigenen Zusammenstellung nicht in den engeren Fokus gerückt. Daran erkannte ich mal wieder, dass der eigene Geschmack und der von anderen LeserInnen nicht immer konform gehen muss.
Also machte ich mich neben einigen anderen Bloggern, die für den Preis abstimmen, seit Ende November ans Werk und habe mich auf diese fünf Bücher gestürzt. Doch schon mit dem ersten Titel „Immer ist alles schön“ wusste ich, dass es keine einfache Liste ist und das der siebte Januar, der als neuer Entscheidungstermin genannt wurde, knapp wird. Eine harte Nuss, die uns Janine, Sarah und Bozena da vor die Nase gesetzt haben. Sprachlich ist die Liste stellenweise sehr anspruchsvoll und es war ein hartes Stück Arbeit sich diesen Büchern zu stellen. Doch nun habe ich alle Bücher ausgelesen und versuche mit meinen Möglichkeiten eine Entscheidung zu treffen, die ich hoffentlich auch differenziert und glaubwürdig an euch Leser bringen kann. Ich bin jedenfalls gespannt darauf, welches Buch am Ende das Rennen machen wird, da auf der internen Diskussionsgruppe auf Facebook sehr unterschiedliche Meinungen zu den jeweiligen Büchern existierte und, im Gegensatz zum letzten Jahr, kein eindeutiger Favorit auszumachen ist (oder, wie im letzten Jahr, ein Favoritenduo).
Im letzten Jahr hat uns der Debütpreis einen bunten Mix aus Integrationsgeschichte, Groteske, Misshandlungsopfern und Krimi geliefert. Es war alles sehr düster und weniger erfreulich, was da zu lesen war. Einzige Ausnahme war Philip Krömers Debüt „Ymir – Oder aus der Hirnschale der Himmel“, welches herrlich grotesk und absurd war, dass man die ganze Zeit aus dem Grinsen gar nicht mehr heraus kam, auch wenn es einem in manchen Momenten im Halse stecken blieb.
Die aktuelle Shortlist ist auch wieder düster gehalten, doch diesmal reicht vieles mehr in den persönlichen Bereich hinein. Mit Ausnahme von „Das Genie“ sind die restlichen vier Bücher mit dem Fokus auf eng gesteckte zeitliche und/oder persönliche Räume geschrieben. Mit „Oder Florida“ ist wieder ein politisches Buch vertreten und mit „Immer ist alles schön“ beziehungsweise „Still halten“ werden persönliche Traumata abgehandelt. Einzig „Chronik eines allmählichen Verschwindens“ schert ein wenig aus, da es mehr eine illustre Geschichte über eine Hausgemeinschaft ist, mehr Geschichtensammlung als zusammenhängende Zeitlinie. Insgesamt war aber alles sehr schwer zu lesen, insbesondere für mich als Freizeitleser. Und es ging nicht nur mir so, auch die anderen MitentscheiderInnen in der Jury hatten mit den Büchern so ihre Probleme und eine eindeutige Entscheidung wird es dieses Jahr nicht geben. Fanden die einen die Sprache schrecklich, konnten sich andere wiederum daran berauschen. War das Buch skurril und lustig, war es für andere wieder zu beliebig. So könnte man es endlos fortsetzen. Eines aber bleibt festzuhalten: Diese Liste wurde innerhalb der Jury kontrovers diskutiert und das ist in meinen Augen genau das, was Literatur ausmachen sollte. Das man über Bücher redet und das Glück am Schopfe packen sollte, wenn niemand die gleiche Meinung vertritt.
Ich persönlich empfand die Liste zwar als schwer verdaulich und ich musste mich stellenweise echt durchboxen, doch es ist genau dieses Anstrengende, was mich dazu bewogen hat, mich wieder für die Jury des Debütpreises einzusetzen. Wenn ich mich als Leser von außen betrachte, scheue ich auch nicht die schweren Stoffe, aber sie müssen mich sprachlich so reizen, dass ich auch dran bleiben will. Wenn da versucht wird, eine Sprache künstlerisch aufzuwerten, bin ich als Otto-Normal-Leser meist schon raus aus dem Rennen. Beim Debütpreis ist das für mich anders. Da bin ich gefordert, mich auch genau mit diesem künstlerischen Aspekt von Literatur auseinanderzusetzen. Da geht es nicht nur darum, es sich im gemütlichen Lesesessel bequem zu machen und an den Geschichten zu berauschen. Vielmehr begreife ich den Debütpreis für mich als Herausforderung sich an Dinge heranzuwagen, die meinen Lesehorizont etwas übersteigen, um so an der Literatur zu wachsen. Da lese ich nun Bücher, bei denen ich normalerweise abwinken würde, sofern ich nur einen Auszug gelesen habe. Geschweige denn, wenn ich mich mit dem Leser vergleiche, der ich vor 5 oder 10 Jahren war. Der würde den Kopf darüber schütteln, was ich derzeit für eine Buchstabensuppe löffle, würde es als Qual bezeichnen, als einen Akt der Selbstgeißelung. Doch ich empfinde das mittlerweile anders. Ich will mich an manchen Büchern und deren Inhalten auch mal reiben können, ich möchte bei manchen Büchern entsetzt nach Luft schnappen oder einfach nur den Kopf schütteln wegen den abstrusen Dingen, die da zu Papier gebracht wurden. Ich möchte diese Dinge in Zusammenhang zu meiner Realität bringen, sie damit vergleichen und abwägen, wieviel ich davon als Erfahrungswerte auf mich selbst übertragen kann, um es später vielleicht anwenden zu können. Oder um die eigene Vergangenheit anhand gewisser Inhalte, die beschrieben werden, abzuscannen. Die Vielfältigkeit, die Literatur da bietet, interessiert mich und da blende ich manchmal auch die Schwierigkeit der Sprache aus, auch wenn ich dafür am Tag nur zwei Seiten schaffe, weil der Inhalt einen fordert.
Jetzt habe ich euch vollgeschwafelt mit meinen eigenen Befindlichkeiten und möchte euch nicht weiter auf die Folter spannen, was meine Entscheidung anbelangt, wer in meinen Augen auf den ersten Platz für den Debütpreis 2017 gehört. Zuerst möchte ich einen kleinen Abriss der jeweiligen Bücher und eine kurze Meinung dazu geben. Das geschieht in der Reihenfolge, wie ich die Bücher gelesen habe. Danach nenne ich meine drei Platzierungen.

Begonnen habe ich mit Julia Webers poetisch anmutendem Roman. Wie sie mir im Interview erklärte definiert sich dieser Roman zuallererst über die Sprache, was man dem Buch auch anmerkt. Die Geschichte selber ist eine traurige und liest sich deshalb nicht so leicht. Ich glaube, dass man dieses Buch anders liest, wenn man selber Kinder hat. Ich jedenfalls hatte mehrmals einen Kloß im Hals, ob der gezeigten Momente. Manches wirkt etwas der Realität entrückt, aber das ist wiederrum dem Umstand geschuldet, dass zuerst die Sprache war und dann die Figuren.
Mit diesem Buch hatte ich zwar wenig zu kämpfen, denn es liest sich wirklich gut. Dagegen hatte ich mit manchen Bildern und Szenen, die gezeigt wurden, so meine Probleme, diese einzuordnen oder für mich zu interpretieren. Sie ergaben schlicht keinen Sinn für mich. Trotz dieser Abzüge ein ganz besonderer Roman, der unter die Haut gehen kann/geht. Es ist kein leichter Genuss, den uns Julia Weber präsentiert. Das Buch kommt keineswegs leichtfüßig daher, aber es lohnt sich, wenn man sich mit diesem Werk auseinandersetzt.

Dieses Buch hatte ich bei meinem Durchackern der Leseproben eigentlich schon aussortiert, was vor allem an dem ersten Kapitel lag. Dieser Einstieg war für mich die Hürde, über die ich damals nicht gehen wollte. Warum zur Hölle musste da unbedingt Dolly Buster auftauchen? Auch im Nachhinein betrachtet machte dieser Einstieg im Vergleich zum restlichen kaum Sinn. Sei es drum. Das Buch steht auf der Shortlist und ich bin froh darum, denn sonst wäre mir ein gelungener Roman entgangen, der die Befindlichkeiten zwischen Ossi und Wessi aufzeigt und die gegenseitigen Missverständnisse deutlich herausschält. Im Jahr 1998 in Frankfurt/Oder spielend kann dieses Buch nicht aktueller sein. Auch die Probleme von rechts sind ein großes Thema in diesem Buch. Wenn man Peter Richters 89/90 dazu nimmt sollte man verstehen, warum gerade in Osten die AfD diesen verstärkten Zulauf hat. In meinen Augen ein starkes Buch, welches sich gut liest. Sprachlich im Vergleich zu den anderen Büchern nicht vergleichbar, aber es erzählt seine Geschichte und das sehr gut.

Das schwierigste Buch unter den Nominierten. Es geht um eine Frau, die die Diagnose Depression/Burn Out bekommt und vom Arzt ein Jahr Auszeit verschrieben bekommt. Die Gedanken dieser Frau bekommen wir ohne rosarote Brille serviert. Bis hin zu sehr grenzwertigen Szenen im Krankenhaus am Totenbett ihrer Mutter. Sprachlich wie inhaltlich sehr anspruchsvoll und eigentlich reicht ein einmaliges Lesen nicht aus, um alles zu durchdringen. Gerade im zweiten Teil des Buches offenbaren sich Hintergründe zur Figur, die den Beginn des Buches in einem anderen Licht erscheinen lassen.
Es ist wahrlich kein einfaches Buch. Ich musste mich richtig durchbeißen und wenn ich ehrlich bin, hätte ich es bei privater Lektüre spätestens nach der Krankenhausszene beiseitegelegt. Doch das wäre ein Fehler, denn danach beginnt die Geschichte erst richtig. Ich würde es nicht uneingeschränkt empfehlen, dafür ist das Buch zu speziell, aber wenn ich von der Person den Lesegeschmack einordnen kann und das Buch in das Raster passen würde, dann würde ich es zu 100% ans Herz legen.
- Juliana Kálnay – Eine kurze Chronik des allmählichen Verschwindens

Dieses Buch zusammenfassen zu wollen ist alles andere als leicht Es besteht aus einem Sammelsurium einzelner kleiner Geschichten, die sich wie ein Mosaik zu einem großen Ganzen ergeben, was dann der Geschichte einer Hausgemeinschaft in der Nummer 29 entspricht, die sich über Jahre wie ein organisches Gewächs entwickelt, mit einem Oberhaupt, welches über alles wacht und den einzelnen Mitbewohnern, die mal kurz da sind oder schon ewig zur Hausgemeinschaft gehören.
Dieses Buch ist sehr verschroben und eigentlich klingt das alles sehr kurzweilig, die Ideen dahinter sind auch sehr schön umgesetzt. Zum Beispiel im Textsatz, in dem Zwiegespräche aufgeteilt gedruckt sind. Oder über die verschiedenen Stimmen der Figuren. Doch ich hatte meine Probleme mit diesem Buch – Ich habe einfach keinen Zugang gefunden. Es fehlte mir der rote Faden, eine oder zwei Hauptpersonen, an denen man sich festmachen, denen man folgen konnte. So war alles sehr konfus. Manche Stimmen tauchten nur kurz auf, manche kehrten wie alte Bekannte immer wieder. Wobei das mit der Hauptperson gar nicht stimmt, denn es gibt eine immer wiederkehrende Komponente, die sozusagen die Seele des Hauses ist – Rita. Sie taucht ständig auf, entweder direkt oder durch Erzählung. Das Buch ist sicher schön geschrieben und auch schön aufgemacht, doch für mich persönlich war das nix, weder im persönlichen Lesegeschmack, noch im Vergleich zu den restlichen Büchern.
- Klaus Cäsar Zehrer – Das Genie

„Das Genie“ war vom Umfang her das seitenreichste und dieses habe ich mir für den Schluss aufgehoben, da ich von vielen Seiten hörte, es sei eines zum Schnelllesen. Ich bin aktuell noch mittendrin und hoffe, dass ich zumindest bis Samstag weit voran komme, um mein endgültiges Urteil abgeben zu können. Ich bin bei ca einem Viertel angelangt bisher und bin noch zwiegespalten. Auf der einen Seite wird mit Boris Sidis ein Hauptcharakter eingeführt, der widerlicher kaum sein könnte. Damit meine ich jetzt nicht, dass er ein sadistisches Schwein wäre, aber erscheint zu Beginn sehr eingebildet und arrogant gegenüber seiner kompletten Umwelt. So einen Menschen als Figur zu akzeptieren fällt mir regelrecht schwer. Dieser Einstieg machte es mir nicht leicht, in diese Geschichte einzutauchen. Doch ab dem Zeitpunkt zu dem Boris sich seiner zukünftigen Frau erklärt, warum er zu dem geworden ist, wie er beschrieben wird, war es für mich einfacher seine Art zu akzeptieren, auch wenn ich privat so einem Menschen nie zweimal begegnen möchte. Doch seitdem flutscht das Buch besser durch und meine Meinung, die anfänglich nicht dazu beitrug, dass dieses Buch eine Chance bei der diesjährigen Buchpreisrunde hätte, steigt von Seite zu Seite mehr in die positive Richtung. Ich lass mich überraschen, wohin das bis Sonntag noch gehen wird.
- Entscheidung
Bevor ich morgen meine endgültige Entscheidung mitteilen möchte, wer in meinem Augen den ersten Platz verdient hat, erzähle ich euch noch ein wenig über die Entscheidungsfindung, die sich als keine einfache erweisen sollte.
Wie geht man an die Beurteilung der Bücher heran? Lässt man sein Leserherz entscheiden oder sollen auch literaturkritische Aspekte eine Rolle spielen? Wenn ich nur das eine oder das andere in Erwägung ziehen würde, sähen die drei Platzierungen komplett anders aus. Auf der einen Seite waren mit „Oder Florida“ und „Das Genie“ zwei publikumswirksame Titel vertreten, die sich gut lesen lassen und gesellschaftskritische Punkte einstreuen. Wenn man noch das Verkaufsargument heranzieht, dann sind es diese zwei, die am Besten über die Ladentheke gehen würden. Kommt nur die Kunst in Frage, hätten diese zwei Bücher gar keine Chance gegen die drei. Bezeichnenderweise sind die drei künstlerisch anspruchsvollsten in unabhängigen Verlagen erschienen, während die zwei erstgenannten bei großen Verlagen untergekommen sind. Diese Einteilung zeigt zwar immer wieder Ausnahmen, jedoch hat meine persönliche Leseerfahrung gezeigt, dass die unabhängigen Verlage mit mehr Mut an sonderbare, abstrakte, verkünstelte Werke herangehen.
Doch wie sollte ich nun entscheiden? Die Rolle des Lesers ist der einfache Weg, die des Kritikers mit literarischer Ausbildung, die ich nicht habe, der andere. Also entschied ich mich für den gesunden Mittelweg mit mehr Tendenz zum Leser, der das hochrücken lässt, was ihm lesetechnisch gefallen hat, was quasi durch die Finger flutscht und lesbar ist. Somit könnt ihr ungefähr die Richtung erahnen, wo es hingehen soll, wisst aber trotzdem noch nicht, wie ich endgültig entscheiden werde.
Was berührte nun mein Herz? Welche der fünf Bücher haben mich sprachlich herausgefordert? Welches Buch würde ich auch abseits der Juryarbeit leichten Herzens empfehlen? Ist die Geschichte gut? Ist das Buch lesbar? Hallt es im Kopf lange nach? Alles Fragen, die mir immer noch durch den Kopf schießen und jedes Mal anders gewichtet sind. Doch nach einigen Überlegungen und einigem Hin und Her bin ich zu den folgenden Platzierungen gekommen.
- Platz 4 und 5 – Juliána Kalnay mit „Eine kurze Chronik des allmählichen Verschwindens“ und Klaus Cäsar Zehrer mit „Das Genie“
Diese beiden Bücher teilen sich die hinteren Plätze, was nicht bedeuten soll, dass sie schlecht wären. Zum Beispiel hatte ich „Das Genie“ kurzzeitig sogar in der Top 3, aber dann wieder herausgenommen, weil ich Julia Webers und Jovana Reisingers Romane spannender in ihrer geamten Konzeption finde. „Das Genie“ ist ein wahnsinnig spannendes Buch und lässt einem während dem Lesen nicht los, hat aber auch einige Schwächen in der Erzählung, über die ich nicht hinwegsehen konnte und es griff sich zu viele Stationen im Leben der Hauptfigur auf . Darauf möchte ich in der Besprechung detaillierter eingehen, die ich im Nachgang ganz sicher noch schreiben werde.
Auch Juliánas Roman konnte mich nicht überzeugen. Sprachlich war es ein sehr vielfältiges Buch und ich war sprachlos, mit wieviel unterschiedlichen Stimmen sie das Buch ausstattete. Es ist aber auch gleichzeitig die in meinen Augen größte Schwäche von diesem Buch, da mir das ganze Personal im Buch das Lesen und Eindringen in den Stoff nicht leicht machte und es im Nachhinein keine Identifikationsfigur gab, an der man sich langhangeln könnte. Irgendwie konnte ich mit allen Personen im Buch nichts anfangen und empfand die puzzleartige Struktur irgendwann nur noch beliebig. Dazu selbstverständlich auch mehr im der noch folgenden Besprechung.
- Platz 3 – Jovana Reisinger mit „Still halten

Dieses Buch ist eine Herausforderung und ich hätte es spätestens nach der Szene im Krankenhaus, als die Hauptprotagonistin am Totenbett ihrer Mutter steht, beiseite gelegt. Wenn ich es privat gelesen hätte. Habe ich aber nicht. Ich habe es im Rahmen einer Jurybewertung für das beste Debüt 2017 gelesen. Es anstrengend, es war nervenaufreibend und manchmal auch frustrierend. Aber es regt auch zum Nachdenken an. Darüber was die Diagnose Depression in einem Menschen anrichten kann, wie die Vergangenheit in die Gegenwart wirkt und das es einen als Person kaputt macht, wenn man keine Hilfe aus dem näheren Umfeld erfährt, wie es eben der Frau im Buch ergeht. Wenn die ganzen österreichischen Ausrucksweisen nicht gewesen wären, die leider im Übermaß vorkamen, hätte dieses Buch sicher auch Platz 2 oder vielleicht sogar das oberste Treppchen erreicht. So haben mich diese Ausdrucksweisen leider immer wieder aus dem Lesen heraus gerissen.
Es ist kein Buch für nebenbei und auch keines, welches man nur einmal liest, sofern es einen interessiert. Ich werde es in diesem Jahr sicher noch ein zweites Mal lesen, einfach um den Anfang der Geschichte noch besser einordnen zu können.
- Platz 2 – Julia Weber mit „Immer ist alles schön“

Dieser Roman hat mich von Anfang an berührt, einfach weil ein Kinderschicksal im Vordergrund steht, welches mich nicht kalt gelassen hat. In dem Interview, welches ich mit der Autorin geführt habe, merkte sie an, dass am Anfang die Sprache stand und sich dann die Geschichte daraus entwickelte. Das merkt man dem Text stellenweise an, denn es stellt sich eine gewisse Distanz zur Geschichte ein und auch manches Element erschien nicht plausibel. Doch das Werk im Gesamtkontext ist schlüssig, die Interaktion zwischen den zwei Sprachrohren Anais und ihrer Mutter ist fantastisch geschrieben und vieles, was da beschrieben wird, kann einen nicht kalt lassen.
Rückblickend ist dieses Buch das, welches mich am zweitmeisten beschäftigt hat. Auch im Nachhinein hat mich diese Geschichte nicht losgelassen und wird mich auch weiterhin noch ein Stück begleiten. Vielleicht lese ich dieses Buch auch noch ein zweites Mal, um einige der Passagen im Buch besser einordnen zu können.
- Platz 1 – Christian Bangel mit „Oder Florida“

Tada und das ist mein Favorit. Das Buch, welches mich am meisten beschäftigte und über das ich im Nachhinein auch am meisten nachgedacht habe. Vor allem über Zusammenhänge in die heutige Zeit und wie man sie mit diesem Buch verknüpfen kann. In meinem Beitrag zu diesem Buch habe ich geschrieben, dass dieses Buch neben Peter Richters „89/90“ auch eine Antwort darauf ist, warum die neuen Rechten aktuell gerade im Osten so stark sind und warum das überhaupt nicht verwundern sollte.
Wer meinen Blog verfolgt und meine Top Bücher aus dem Jahr 2017 gesehen hat, wäre sicher schnell darauf gekommen, dass es dieses Buch werden wird, welches ich auf Platz 1 setzen werde. Es kann zwar sprachlich nicht mit den Plätzen 2 und 3 mithalten, aber ich habe allgemein eine Schwäche für politisch motivierte Bücher habe und dadurch bin ich für solche Stoffe sehr offen. Wenn sie auch noch so gut, witzig und auch sachlich (ursprünglich stand der Gedanke, dass der Autor ein Sachbuch schreiben wollte) geschrieben sind, kann ich nicht widerstehen. Die Entscheidung mag nun konträr zu dem klingen, was ich den vorausgegangenen Erläuterungen geschrieben habe, aber ich habe mich bei der Wahl zum ersten Platz zuvorderst mein Leseherz entscheiden lassen und da kam die ganzen Wochen, seit ich das Buch beendet habe, immer dieses Buch zum Vorschein. Achso, und nicht den Fehler machen und sich von den ersten zwei Kapiteln abschrecken lassen. Dolly Buster ist keine Indiz, wie die Geschichte verlaufen wird.
- Gewinnspiel
Um euch die Zeit bis dahin ein wenig zu versüßen, möchte ich ein kleines Gewinnspiel veranstalten. Unglücklicherweise habe ich mir das inhaltlich und sprachlich anspruchsvollste Buch zur Verlosung herausgesucht: Jovana Reisingers „Still halten“. Wer dieses Buch, welches im wunderbaren Verbrecher Verlag erschienen ist, gewinnen möchte, schreibt bis zum 07.01.2018 12:00Uhr einfach einen Kommentar unter diesen Beitrag. Alle Kommentare, die danach eingehen, werden nicht gezählt (auf eine Viertelstunde kommt es da aber nicht an zwinker). Wer nicht am Gewinnspiel teilnehmen möchte, schreibt das bitte ausdrücklich in diesen Beitrag hinein. Ansonsten gelten die folgenden Teilnahmebedingungen, dass ihr bitte älter als 18 Jahre seid und kein Anspruch auf jedwede Auszahlung des Gewinns in Geldmitteln erfolgt. Ich wünsche allen, die in den Lostopf wandern, viel Glück und drücke die Daumen.
Die Entscheidung der anderen BloggerInnen findet ihr auf den folgenden Seiten:
Schaun wir mal, ob da noch was kommt!
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Wenn ich mich nicht verzählt habe, liegt Zehrer eindeutig vorn und das ist sehr interessant, wenn man es auf das bezieht, was Angelika meinte, daß die Buchhändler mit den „schweren“ sprachlich experimentellen Buchpreisbüchern so meist nicht einverstanden sind, weil sie nicht das sind, was die Leute kaufen und lesen wollen und da habe ich mir gedacht, daß ich, die ich ja meistens solche Bücher lese, das schon so gewohnt bin, daß es mir gar nicht mehr auffällt, daß das ja eine spezielle Art von Literatur ist, die da als preiswürdig gilt.
Deshalb finde ich es auch sehr spannend, daß die Bloggerjury da nicht mitmachte und nicht natürlich Weber oder Kalnay sagte, sondern auf das Lesbarere und Verständlichere überging, was sicher ein sehr gutes Zeichen der Emazipation ist!
Ich bin ja irgendwie auch diesen Weg gegangen, denn meine erste Reaktion war ja Weber, Kalnay, Reisinger zu sagen, dann habe ich aber gedacht, halt, ist das wirklich so gut, die beiden anderen Bücher einfach wegzulassen?
Das war glaube ich gar keine so reflektierter Schritt, sondern ist intuitiv passiert, jetzt werde ich auch beim deutschen oder österreichischen Buchpreislesen mehr darauf achten und beim ersteren fiel mir heuer auf, daß da soviele Männer mit ihren sprachlich schönen Midlifekrisisromanen draufstanden, von denen man bei allen sagen konnte, daß sie nichts Neues waren!
Aber offenbar akzeptiert man automatisch, die schöne abgehobenene Sprache und denkt, das muß so sein und geht nicht anders, was aber natürlich nicht stimmt!
Deshalb finde ich die Diskussion sehr schön und freue mich schon auf das nächste Jahr!
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Mich wundert nicht, dass ausgerechnet die zwei am einfachsten zu lesende lesbarsten Romane vorne stehen. Wenn da nicht noch Stimmen dazu kommen, die bisher nichts gesagt haben. Fehlen noch 5 Jurystimmen, wenn ich mich nicht verzählt habe.
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Ich hab ja einerseits auf Leseerfahrung und Thema geachtet, und da war mir Zehrer einfach spannend.
Bangel hingegen ist auch leicht zu lesen, aber fiel bei mir halt subjektiv als Thema durch, weil ich wiederum dachte „Och nö, wer braucht denn noch Ost-West-Bücher?“. Das wird halt am Alter liegen. Da hab ich mich bestimmt sehr verschätzt.
Du, Marc, zum Beispiel findest es ja ein wichtiges Thema und die Denke noch nicht überwunden.
Bei der Chronik des Verschwindens frage ich mich nachdem ich die anderen Bewertungen gelesen habe, ob ich nicht einfach unfähig bin. Jemand fand das sogar kurzweilig. Ich wusste da stellenweise nicht wer ich bin und wo ich bin und wann ich bin, und konnte nur aus den wenigen Geschichten was ziehen, die ich zu verfolgen geschafft habe.
Ich fand zum Beispiel das Vorletzte Kapitel dann super, da hätte es aufhören sollen.
Und im letzten kam dann wieder so ein Ich-Erzähler Marke „ich weiß nicht wer Du bist, das Kapitel hätte man sich leider auch sparen können.“
Entschuldigt die ungeordneten Gedanken. Aber ich hab mich ja die ganze Zeit zurückgehalten, eure zu lesen, um mich nicht beeinflussen zu lassen, und jetzt muss es irgendwie raus. :D
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Ich musste über Deine Ehrlichkeit hier stellenweise schmunzeln. Vielen Dank dafür.
Ich fand das Lesen auch teilweise sehr zäh und bin neben den Weihachtsvorbereitungen und Herumgereise zwischen den Jahren gerade so hingekommen. Die Idealvorstellung wäre ja für mich auch gewesen, die Bücher noch einzeln zu rezensieren, aber das stellte sich schnell als zu viel gewollt heraus.
Ich habe ja das erste Mal dieses Jahr mitgemacht. Jetzt im Nachhinein kann ich mir sehr gut vorstellen, dass man sich das Jury-Engagement bewusst als Aufgabe setzt, um sich mit neuem auseinandersetzen zu müssen. Es hat mich in jedem Fall bereichert.
Christian Bangel als ersten Platz finde ich spannend. Ich habe mich zwar darüber beim Lesen gefreut und amüsiert, ja, das Buch sogar jemandem zu Weihnachten geschenkt, aber nachgehallt hat es bei mir irgendwie dann gar nicht mehr. War nur kurzweilig. Vom „Genie“ habe ich hingegen jedem der hören wollte oder auch nicht, ausgiebig erzählt. Und Fand Boris Sidis übrigens von Beginn an nachvollziehbar, und in seiner Nachvollziehbarkeit sympathisch. ;)
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Hallo Andrea,
„Oder Florida“ ist mir über die Zeit wirklich ans Herz gewachsen und hat mich am meisten beschäftigt, auch weil ich manche Situation aus meiner eigenen Lebenssituation wieder erkannte und gerade dieses Ost/West- Denken ist immer noch nicht überwunden, weder in West noch in Ost. Deshalb und wegen dem aktuellen Rechtsruck in der Gesellschaft empfand ich dieses Buch als meinen persönlichen ersten Platz.
Aber das ist in meinen Augen das Spannende am diesem Preis. Durch die unterschiedlichen Geschmäcker und Interessen entsteht eine vielfältige Meinung. Deshalb sind wir keine Fachjury, sondern eine Jury, in der jeder seine eigene kleine Leseerfahrung einbringt und in die Waagschale wirft, was man auch an den unterschiedlichen Ranglisten sieht, die veröffentlicht wurden.
Nun schauen wir mal gespannt, wer das nun geringen wird.
Liebe Grüße
Marc
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Das war aber spannend und jetzt können wir wohl den Rechner zücken, liegt wohl nahe am Unentschieden oder zeichnet sich ein Favorit heraus?
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Ich bin gespannt. Es wird zumindest eine engere Kiste als letztes Jahr.
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Alle Kommentare an hier werden nicht mehr zum Gewinnspiel gezählt.
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Hallo Marc,
ich würde mich sehr gern an „Still halten“ versuchen. Für mich klingt das von allen fünf Büchern am spannendsten.
Würde mich freuen!
Grüße
Jana
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Dann melde ich mich auch, obwohl ich die Bücher nicht gewinnen will, ich wundere mich nur ein bißchen, daß sie als so schwer zu lesen empfunden wurden, denn ich denke, nicht mehr wahrscheinlich, als die vom Vorjahr oder die anderen der Longlist, die ich gelesen habe.
Ich habe, wie schon geschrieben, Reisinger, Weber, Kalnay sehr poetisch, Zehrer biografisch journalistisch und Bengel politisch empfunden. Meine Wunschlist wäre es auch nicht gewesen und ich finde den Debutpreis und auch die Diskussion darüber sehr interessant, obwohl ich von ihr, da ich ja eine Facebookverweigerin bin, nicht viel mitbekommen habe.
So bin ich auch noch ziemlich ahnungslos, wer da nächste Woche als Gewinner feststeht und, daß sehr viele der Mitjuroren auf ihren Blogs noch nichts besprochen haben, wundert mich auch ein bißchen, wie auch, daß Juliana Kalnay auf dem Ranking der Debutseite keine Votings hat, denn das halte ich auch für ein sehr gutes Buch und habe es auch auf die Liste setzen lassen.
Liebe Grüße aus Wien, beziehungsweise Harland bei St. Pölten, wo ich mich über das Wochenende befinde und seien wir auf das Ergebnis gespannt!
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Hallo Eva,
Jetzt komme ich nochmal zum antworten auf deinen Kommentar. Als schwer empfinde ich persönlich die Bücher meist, wenn ich sie nicht einfach lesen kann, wenn sich die Lektüre nicht in den Alltag integrieren lässt. Das soll aber nicht bedeuten, dass ich die Bücher schlecht finde, eben nur meiner derzeitigen Leseweise entsprechend als anstrengend empfinde.
Ich hoffe, ich konnte es dadurch deutlicher machen.
Ansonsten finde ich es sehr spannend, wie unterschiedlich die Bücher wahrgenommen werden und jeder etwas anderes auf die Rangliste verteilt. Dadurch wirkt die Liste in diesem Jahr homogener und das spricht für alle 5 Kandidaten. Keiner sticht wirklich heraus. Nun bin ich gespannt, welches Buch gewinnt.
Liebe Grüße
Marc
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Hallo Marc!
„Still halten“ finde ich am reizvollsten, aber auch „Das Genie“ klingt sehr interessant.
Herzliche Grüße
Martina
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Ich würde ja gerne mal mein Glück mit „Still halten“ versuchen. :-)
Und da „Das Genie“ das einzige der erwähnten Bücher ist, das ich bisher gelesen habe, bin ich auf die letztendliche Meinung dazu sehr gespannt.
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Die Bücher fand ich auch herausfordernd. Vor allem Still halten und Immer ist alles schön. Doch das ist ja auch mal ganz gut so. Ich brauche inzwischen solche Bücher, sie erweitern einfach meine eigenen schmalen Horizont.
Aber was meinst du mit „für mich als Freizeitleser“? Sind wir das nicht alle?
Wenn ich nicht ausgerechnet das dickste der Bücher vorher schon gelesen hätte, weiß ich nicht ob ich durchgekommen wäre. Der Zeitraum ist sehr sportlich, hatte ich mir doch auch vorgenommen jedes der Bücher auf dem Blog zu besprechen.
Deshalb schwanke ich noch, ob ich nächstes Jahr wieder mitmachen werde, obwohl es auch schön war!
Ich bin auch gespannt auf Sonntag und die Bewertungen der anderen.
Grüße
Silvia
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Hallo Silvia,
mit Freizeitleser sind wir natürlich alle gemeint 😉, aber bei manchen habe ich immer das Gefühl, dass es mehr durchflutscht als beim Durchschnitt. War vielleicht unglücklich ausformuliert.
Dieses Jahr war schon extrem, auch wegen den anspruchsvollen Texten. Das empfand ich letztes Jahr als nicht ganz so extrem, außerdem waren die Bücher letztes Jahr insgesamt besser zu lesen, wobei ich zugeben muss, dass ich nur 4 gelesen habe, da ich eines 2016 von vornherein ausgeschlossen habe.
Ich werde den Vorschlag mal einbringen, die Lesezeit auf 2 Monate anzuheben, damit wir auch wirklich genug Zeit haben, uns mit den Büchern auseinander zu setzen.
Spaß macht die Juryarbeit, aber es soll ja nicht in Stress ausarten. Deshalb habe ich auch die Interviews nicht mehr weiter verfolgt, da mir das dann doch zu viel wurde.
Insgesamt finde ich es schön, an so einem Projekt teilhaben zu dürfen, auch wenn die Reichweite nicht so hoch ist, wie beim Blogbuster. Und ich finde es toll, dass sich so viele Blogger für den Preis engagieren, auch wenn man von den meisten nix hört. Ich bin jedenfalls gespannt, wer am Ende das Rennen machen wird.
Liebe Grüße
P.S. Soll ich dich für das zu verlosende Buch außen vor lassen?
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