[Rezension]: Maja Lund – Die Geschichte der Bienen

Eine Geschichte mit dem Spiel „Was wäre wenn“

Den Bienen geht es schlecht. Sie verschwinden oder haben seltsame Krankheiten und zu allem Übel spielt Ihnen auch der Mensch mit seiner landwirtschaftlichen Nutzung der Natur und dem damit einhergehenden Einsatz von Pestiziden übel mit. Klingt nach Dystopie und ist doch bittere Realität in unserer heutigen Zeit. Die drängenden Fragen spielen zwar in dem Buch von Maja Lund eine untergeordnete Rolle,doch das Szenario, welches Lund in ihrem Roman „Die Geschichte der Bienen“ in diesen drei Epochen umfassenden Roman durchspielt, spiegelt diese Realität in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wieder. Insbesondere die Zukunftsversion weiß zu erschrecken. Diese präsentiert uns eine Welt, die wir unseren Kindern hinterlassen würden, wenn wir so weitermachen und diese Welt möchte ich niemandem wirklich auf dem Tablett servieren. Doch was tun? Und findet Lund eine Antwort darauf? Eher in der Art, dass wir mittlerweile nur noch zuschauen können und uns die Hände gebunden sind. Ich erwarte von einem Roman keine Lösungsansätze, vielmehr sollen sie die Augen öffnen für die drängenden Probleme unserer Zeit und das schafft Lund. Teilweise ist mir beim Lesen schlecht geworden, ob der möglichen Zukunft. Doch das Buch hat in meinen Augen auch eklatante Schwächen, die durch das Ausgangsszenario, welches in der Gegenwartsgeschichte und den starken Dystopiestrang leider nicht aufgefangen werden können.

Sind die Bienen noch retten?

Diese Frage müsste eigentlich mit Nein beantwortet werden, denn nicht nur den Bienen geht es schlecht. Allgemein leidet die Flora und Fauna immer mehr unter dem Menschen. Der Einsatz von Pestiziden, das übermäßige Düngen und auch übertriebenes Abmähen der Wiesen führt so nach und nach zu einem Absterben wichtiger Bestandteile unserer Natur. So wurde vor ein paar Jahren festgestellt, dass die Insektenbiomasse um mehr als 70% abgenommen hat und auch in den eigenen Beobachtungen ist das mittlerweile angekommen. Denn auch wenn es im Garten summt und brummt, so macht es das doch um einiges variantenärmer als noch in den Jahrzehnten zuvor. Ich kann mich noch an Jahre in den 90ern erinnern, da flatterten einem regelmäßig Insekten um die Ohren, die man so noch nie gesehen hat. Doch diese Zeiten sind längst vorbei.
Doch was hat das nun mit den Bienen zu tun? Oder mit dem Buch? Sehr viel, denn alles ist doch irgendwie miteinander verzahnt, was Maja Lund in dem Teil der Geschichte, der in der Zukunft spielt, sehr schön beschreibt. Keine Bienen, keine Bestäubung, keine Pflanzen, kein Abbau der Bioabfallprodukte, keine Insekten, keine Vögel, absterbende Natur. Und der Mensch? Der muss tatenlos zusehen, wie alles nach und nach vor die Hunde geht und kann nur noch versuchen, halbwegs über die Runden zu kommen. Der Grundstein zu diesen noch dystopischen Überlegungen werden aktuell gelegt, wo wir in einer Welt leben, in der rücksichtslos alles dem wirtschaftlichen Wachstum untergeordnet wird. Die Folgen? Scheinbar egal. Doch es scheint ein Aufwachen zu geben, hoffen wir, dass es auch rechtzeitig eingesetzt hat.
Doch dieses Buch spielt nicht nur in der Zukunft, sondern auch in der Vergangenheit und der Gegenwart und verknüpft mehrere Generationen mit dem Insekt Biene. Sogar familiäre Verbundenheiten werden über Jahrhunderte und Kontinente hinweg beschrieben und spielen eine essentielle Rolle in diesem Roman. Thematisch trifft dieses Buch den Nerv der Zeit anhand von einem Insekt, von dem wir alle abhängig sind, denn ohne Biene geht in unserer modernen Gesellschaft nichts. Das ist wichtig und es braucht eben auch solche Bücher, um die große Masse zum Nachdenken anzuregen, was viele wissenschaftliche Bücher oder Veröffentlichungen nicht vermögen, da sie nur einen kleinen interessierten Kreis erreichen. Doch literarisch ist dieses Buch für mich nur Durchschnitt gewesen. Gerade die Teile, die in der Vergangenheit und der Gegenwart spielen waren an Belanglosigkeiten kaum zu überbieten und hätten eine gewisse Straffung vertragen können. Die Vergangenheitsgeschichte zum Beispiel ist über lange Strecken so dröge, dass man diese am liebsten überblättern will. Dort wäre ein wenig Straffung besser gewesen. Und auch bei den Familienverhältnissen im Gegenwartsteil habe ich stellenweise den Kopf geschüttelt, weil der Zwist zwischen Vater und Sohn so lange hingezogen wurde.

Der Autorin zugutehalten möchte ich aber, dass lange Zeit unklar bleibt, wie die drei Stränge zusammenhängen. Doch als diese so nach und nach gelüftet wurden stellte sich bei mir leider kein Wow- Effekt ein, sondern vielmehr war der Gedanke „ach, so hängt das also alles zusammen“, nicht mehr. Einzig der Zukunftsteil wusste durch das beschriebene Szenario richtig zu überzeugen. Doch auch hier musste Drama innerhalb einer Familie erzeugt werden, um Spannung aufzubauen, was bei mir aber vielmehr Augenrollen auslöste, weil es zu viel war.

Don’t believe the hype?

Früher waren die Wespen meine Feinde. Sie haben genervt und mich um den Verstand gebracht, diese fiesen Biester. Wie jetzt? Wespen? Ging es nicht gerade um Bienen? Ja, das stimmt, aber ich habe früher in Jugendjahren oftmals genau diese Panik und Wut auf diese Tierchen auch auf die Bienen und viele andere Insekten übertragen. Doch eigentlich sind die meisten friedliche Tiere, wovon sich eben die Wege mit dem Menschen kreuzen. Viele legen diese Panik heute immer noch auf die ganze Insektenwelt. Alles, was brummt, summt und sticht, wird entweder besprüht, erschlagen oder, was noch eine der vernünftigeren Handlungen ist, irgendwie verjagt. Ich für meinen Teil habe meine frühere Panik in eine gelassene Angespanntheit umgelegt, sobald mal draußen gefrühstückt oder anderweitig gegessen wird und vor allem diese nervösen Wespen um einen herumschwirren. Frei nach dem Motto den Kindern ein Vorbild. Doch was hat das mit diesem Buch zu tun? Bei allen literarischen Schwächen, die dieser Roman aufweist, ist es ein Werk, welches auf die Probleme der heutigen Zeit den Finger zeigt und diese vielen Menschen bewusst macht. Dabei steht eigentlich nur die Biene symbolisch für die ganze Insektenwelt, die immer mehr schrumpft. In meinem Denken hat sich schon seit einiger Zeit ein Umdenken eingesetzt, was sich selbst dabei auswirkt, sobald eine Mücke, Spinne oder Fliege im Zimmer herumschwirrt. Bevor ich zur Fliegenklatsche oder ähnlichem greife, werden diese Tierchen erst einmal nach draußen gebeten und sie müssen mich schon ganz schön strapazieren, bevor ich die Geduld verliere. Das war vor Jahren mal anders. Und dazu tragen auch solche Bücher bei. Sie öffnen das Bewusstsein für die Probleme unserer Zeit und genau deshalb sollte man es sich wenigstens mal anschauen und probieren reinzulesen. Und sei es nur, um sich über Sachbücher vertiefter zu informieren. Und ich glaube, dass es genau deswegen so erfolgreich war und nicht, weil es so gut geschrieben ist. Deshalb sei gesagt, wer nur unterhalten werden will, der wird enttäuscht sein. Wer sich aber öffnen lassen will für eine der drängenden Probleme unserer Gegenwart, wird hier Anschupser bekommen.

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