[Projekt Dark Tower]: The wind through the keyhole

Ein kleiner Fanservice

Mit Der Turm wurde die Saga um den Dunklen Turm im Jahr 2003 eigentlich abgeschlossen. Und doch überraschte uns Stephen King vor einigen Jahren, dass er an einem neuen Buch im Dunklen Turm- Universum schreibt. Doch er stellte auch gleich hintenan, dass es mehr wie Glas geschrieben ist und in der Vergangenheit von Roland spielt und somit keine neuen Informationen für die Reise um Roland und sein Ka-Tet bereit halten wird. Um es aus der Geschichte heraus zu interpretieren hat King erneut das Lied von Gan (grob übersetzt: das Lied der Schildkröte, eine Art Totem und Beschützer eines der Balken, die zum Dunklen Turm gehören) vernommen und musste unbedingt erneut in diese Welt abtauchen. Wie man aktuell erkennt, passieren diese Ausflüge immer wieder, denn auch in dem Buch „Gwendys letzte Aufgabe“ spielt eine bestimmte Gruppe aus dem Turmuniversum eine Rolle. Doch bekommt man trotz dieser Umstände wieder dieses Turmfeeling? Macht dieses Buch im gesamten Kontext überhaupt Sinn? Und in welcher Reihenfolge kann dieses Buch überhaupt gelesen werden? Dem möchte ich in den nächsten Zeilen ein wenig auf den Grund gehen.

Zwischen Palast und Calla Bryn Sturgis

Wer das Ende von Glas kennt, der wird wissen, dass Roland, Susannah, Jake und Eddie gerade so dem TickTack-Mann und auch Randall Flagg (bzw dem Mann in Schwarz oder Marten Broadcloack) entkommen sind. Waren sie in Glas noch in dem entvölkerten Amerika unterwegs, dass dem Universum entspricht, in dem die Supergrippe, die wir von The Stand kennen, ausgebrochen ist, so sind sie nun wieder in Mittwelt unterwegs und auf dem Weg nach Calla Bryn Sturgis, das wir in Wolfsmond kennenlernen werden. Doch bevor sie dahin kommen müssen sie noch einen Fluss überqueren und eine Art Starksturm überstehen, der extreme Kälte mit sich brint. Während sie also warten bis der Sturm vorüber ist, erzählt ihnen Roland eine weitere Geschichte, die mit diesem Sturm in Zusammenhang steht und dem Buch auch seinen Titel gibt.

„Time is a keyhole […]. Yes, I think so. We sometimes bend and peer through it. And the wind we feel on our cheeks when we do – the wind that blows through the keyhole – is the breath of all the living universe.“

Aus „The WInd through the keyhole“, Seite 263 der englischen Taschenbuchausgabe

In dieser Geschichte wird Roland von seinem Vater zusammen mit Jamie DeCurry auf eine Mission geschickt. Sie sollen in einem Ort eine Art Monster ausfindig machen und dieses ausschalten. Eine Mission, die für einen Revolvermann wie Roland eigentlich ein Kinderspiel sein sollte. So fahren Jamie und er in diesen Ort, die eine Heimat für Bergwerksleute ist, die in nahen Salzminen arbeiten. Da die Welt sich weitergedreht ist, werden Roland und Jamie nicht nur freundlich begrüßt. So erarbeiten sie sich Stück für Stück die Wahrheit über das Fellmonster, dass seine Gestalt von Gewalttat zu Gewalttat verändern kann. In dieser Zeit lernt Roland einen Jungen namens Bill Streeter kennen, dessen Familie dem Fellmonster zum Opfer fiel und den er zum einen beschützen will und zum anderen als Köder benutzen möchte. Um diesen Jungen zu beruhigen und Mut zu machen für die Zukunft, erzählt er ihm eine Geschichte von einem Tim Ross und wie er sich mutig allen Widrigkeiten in den Weg stellt, um sein Ziel zu erreichen, seine Mutter wieder sehend zu machen, die durch eine Prügelattacke von seinem Stiefvater blind geworden ist.

Ein Zwischenruf, ein Guter?

Auch wenn ich als Turmfan dieses Buch bei Erscheinen ebenfalls freudig aufgenommen habe und versuchte, es in den Turmkosmos einzuordnen, komme ich nicht umhin, dass sich dieses Buch irgendwie anfühlt, als hätte es das nicht unbedingt gebraucht. Dieses Gefühl hatte mich auch nicht zu dem Buch greifen lassen, als es frisch auf den Markt kam. Nun, da ich im Projekt Dark Tower angekommen bin, war es an der Zeit, diesem Rman eine Chance zu geben.
Es sind Bezüge zum Turm da und auch die Stimmung ist eindeutig turmaffin. Allerdings habe ich mich die ganze Zeit gefragt, worin der Sinn von diesem Buch besteht, was über reinen Fan-Service hinaus geht. Auch King hat im Vorfeld zur Veröffentlichung zu diesem Buch folgenden Satz geschrieben:

„Er wird für niemanden lebensverändernd sein, aber Gott, hatte ich einen Spaß.“

Und genauso sollte man dieses Buch innerhalb des Turmuniversums einordnen.  Die eigentliche Reise um das Ka-Tet von Roland tritt hier genauso auf der Stelle wie in Glas. Wer die Reihe zeitlich chronologisch liest wird Wind zwischen Glas und Wolfsmond lesen und das Gefühl haben, einfach nicht vom Fleck zu kommen, was die Suche nach dem Dunklen Turm angeht. War doch schon Glas mehr eine Vergangenheitserzählung, so bekommen wir das auch in Wind geboten.

Das soll nicht bedeuten, dass dieses Buch schlecht ist, das ist es keineswegs. Es ist spannend geschrieben, es hat eine wunderbare Geschichte in der Geschichte in der Geschichte, entblättert sich also wie eine Matroschka nach und nach und gibt erst ab der Hälfte ihre innerste Figur preis. Doch im Kontext zum Turmuniversum wirkt das alles igendwie irrelevant. Habe ich bei Glas noch verstanden, dass diese Geschichte der Aufhänger für Rolands Jagd nach dem Turm war, seine Initialzündung, so ist bei Wind nichts dergleichen vorhanden. Es ist eine Geschichte ohne Bezug zu den Geschehnissen vor diesem Buch und auch nicht danach, da dieses Zwischenspiel logischerweise aufgrund der Reihenfolge der Veröffentlichung in den Bänden Wolfsmond, Susannah und Der Turm keine Rolle spielt, geschweige denn eine Erwähnung findet.
Ist es aber losgelöst von diesem Umstand trotzdem ein gutes Buch für sich? Das kann ich eindeutig mit Ja beantworten. Es ist eine wunderbare Abenteuergeschichte, die uns da geboten wird. Sie zeigt auf, wie unterkühlt und rational Roland schon in seinen jungen Jahren seine Aufgaben angeht. Auch wenn er außen vorgibt, alles in seiner Kraft stehende zu tun, um Leben zu retten oder so wenig Opfer wie möglich einzusetzen, so stellt er alles seiner Aufgabe unter, die es zu lösen gilt. Wie in diesem Buch, in dem das Fellmonster zu finden ist und er einen den Jungen Bill als Lockmittel einsetzt.
Doch auch wegen einem anderen Punkt wirkt das Buch wie abgeschnitten vom Turm, spielt gar auf einer anderen Ebene, als Roland Bill eine Geschichte erzählt, die eine Art Märchen innerhalb der Welt von Roland wiedergibt und ebenfalls vom Dunklen Turm beeinflusst wird. Sie erzählt von einem Jungen namens Tim, der seinen Vater verliert und die Mutter den besten Freund des Vaters zum Mann nimmt. All das löst Ereignisse aus, die Tim auf den Pfad des Balkens führen werden. Dieses Märchen erzählt von Mut und Tapferkeit selbst in finstersten Zeiten, wodurch Tim sein Ziel erreichen.

Erweiterung der Welt

Die eigentliche Reise des Ka-Tet um Roland ist und bleibt abgeschlossen. Man wird keine weiteren neuen Infos dazu in diesem Buch finden, außer dass die Zeit zwischen Glas und Wolfsmond noch gefüllt wird. Wie es King in seinem Vorwort sagt, ist das der Teil 4.5. Und doch sind es die feinen Details, die es herauszuarbeiten gilt. Es wird nicht nur die Lücke gefüllt, die zwischen Glas und Wolfsmond bestand, sondern auch die, was in den Jahren nach Rolands Mannbarkeitsprüfung und Rückkehr aus Meijs passiert ist. Zeitlich kann man diesen Band zwischen den Geschehnissen aus dem Buch Glas und den Comics, die ich vor einiger Zeit hier vorgestellt hatte (Links werden weiter unten aufgeführt). Es ist ein gut zu lesendes Buch, eine richtig gute Abenteuergeschichte, aber im Kontext zur Geschichte um den Dunklen Turm nicht mehr als eine nette Anektode am Rand.

Dieses Buch habe ich im Rahmen meines Projektes Dark Tower gelesen, dass ich im Jahr 2017 gestartet habe und nun, nach langer langer Zeit, zum Abschluss bringen möchte. Zusammen in einer Leserunde, die eigenständig Anfang des Jahres die Reise zum Turm startete, bin ich nun auf diese Reisekarawane aufgestiegen und werde zusammen in diesem Ka-Tet Roland und seine Gefährten auf dem Rest des Weges nach Calla Bryn Sturgis und Endwelt und letztendlich auf die höchsten Spitzen des Turmes begleiten.

Weitere Besprechungen zu The Wind through the keyhole findet ihr hier:

Meine Bücherecke (Beitrag auf Instagram)

Meine bisherigen Besprechungen zu den Büchern/Comics aus dem Dunklen Turm – Universum:

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